Wandlungsphasen des Phönix

Die Transformation des Phönix

Um den Mythos und das Ziel auch für uns Menschen lebendig zu machen, braucht es eine Vorstellung, wie eine Transformation überhaupt funktioniert. Im Folgenden haben wir versucht so eine Transformation in verschiedene Phasen zu unterteilen, die sich auf Menschen übertragen lässt. Im ersten Entwurf haben wir den Text größtenteils als Metapher geschrieben, die wir im weiteren noch konkretisieren wollen. Hier aber zunächst erst einmal eine Skizze, die die Idee der Transformation als einzelne Schritte beschreibt.

0. Der Phönix schläft

In jedem Menschen wohnt ein Phönix als Potential, sich selbst zu erkennen und zu gestalten. Normalerweise liegt dieses Potential brach – man ist zu sehr in seinen Gewohnheiten verhaftet, in Besorgungen verstrickt, gibt sich mit dem zufrieden, was man hat. Manche Mensch erwachen nie aus diesem Schlaf – ihr Phönix liegt in einer Art Koma. Streng genommen gehört diese Stufe nicht zu einer Wandlungsphase, sondern beschreibt eher eine Art „Ausgangsituation“. Strategisch ist sie jedoch von Bedeutung, da man hier prüft, ob eine Person (oder man selbst) überhaupt willens ist, sich zu verändern.

Man kann zwar niemanden zu etwas zwingen, aber man kann das Feuer (Wunsch nach Veränderungen) in die Welt bringen. Dies beschreibt sehr gut den Sinn und Zweck von Netzwerkveranstaltungen, nämlich die erste Stufe zu triggern.

1. Der Ruf: Der Phönix erwacht

Metapher: Auf einem Berghang sitzt ein alter Phönix und blickt auf eine Lichtung, wo sich seine Artgenossen versammeln. Einige sind seine Freunde, andere seine Mentoren, wieder andere seine Schüler. In dieser bunten Gemeinschaft war alles versammelt – Künstler, Baumeister, Weise, Visionäre – und nicht selten tauschten sie die Rollen.

Aufgrund seiner Fähigkeiten war er als Helfer und Heiler geschätzt, aber über die Jahre hat sich vieles geändert. Von den Jungen bekam er häufiger zu hören, dass seine Ideen alt, überholt und verbraucht waren – ihn der Wandel der Welt überholt hat. Er wusste – sie hatten Recht und er kannte selbst seine Fehler und Unzulänglichkeiten. Das Alter seiner Knochen begann auf ihm zu lasten.

Wehmütig richtet sich sein Blick in die Ferne zu einem geheimen Ort der Kraft. Zeit all das Alte und Verbrauchte zu verbrennen – Zeit für eine neue Vision, die wieder die Macht hat, die Jugend neu zu entflammen.

2. Entscheidung: Der Flug zum Nest

Metapher: Zweifel schleichen sich in seine Gedanken – wohin soll die Reise gehen? Er wusste, dass nur die Begeisterung zum Feuer werden konnte, dass ihn wieder verjüngt. Doch er spürte ein Zögern, ein Festhalten, ein Behaaren – wieso etwas Neues beginnen, wenn man am Vertrauten festhalten kann?

Er konnte seine Zweifel nicht ignorieren, denn sie waren vertraute Ratgeber, die ihn schon vor manchen großen Fehler bewahrt hatten. Aber nur wenn er wirklich überzeugt war, würde ihn das Feuer der Begeisterung entzünden.

So kämpfte er mit sich viele Tage und Nächte – aber in der Dunkelheit begann ein Funke zu glimmen. Eine neue Vision dämmerte am Horizont und begann sein Herz zu entflammen. Zeit den Flug zum Nest zu beginnen …

3. Bewährungsprobe: Der Phönix entzündet sich selbst

Metapher: Wenn ein Phönix zu seinem Nest fliegen will, bleibt dies seinen Artgenossen nicht verborgen. Es ist ein altes Ritual, den Reisenden zu testen. Manche testen ihn, indem sie den Advocatus Diaboli spielen und mit klugen Argumenten seine Vision hinterfragen, Zweifel sähen, um so seine Überzeugung auf die Probe zu stellen.

Andere helfen ihm den Schleier vor seiner Vision zu lüften, Fehler und Missverständnisse zu klären, Orte der Kraft aufzudecken, die hinter dem Nebel verborgen liegen. So gaben alle ihr Bestes um ihn auf die Probe zu stellen. Aber letztlich entscheidet der Reisende immer selbst mit den heiligen Worten „Ich will …“.

4. Transformation: Der Phönix verbrennt

Metapher: In seinem Nest angekommen muss er seine Ungeduld zügeln, um sich nicht sogleich in den Flammen zu sonnen. Still dankt er nochmals allen Wesen – Freund und Feind gleichermaßen – die ihm diesen Weg wiesen. Die Feinde gaben ihm Kraft und Feuer – Freunde die Klarheit und Form. So wurden alle zum Geburtshelfer des Neuanfangs.

Die Vergangenheit loszulassen und das Kommende mit Freude zu ersehen, entzündet den Phönix. Das Vergangene wird eingeschmolzen zur Weisheit der Erfahrung und macht Platz für das frische Fieber der Jugend und neuen Tatendrang.

5. Belohnung: Phönix erhebt sich aus der Asche

Metapher: Als die letzte Glut erlischt kommt Bewegung in die Asche und ein feuriger Kopf reckt sich aus der kalten Kohle. Ein junger Phönix erblickt die ersten Sonnenstrahlen und beginnt seine Federn zu putzen.

Neugierig beäugt er seine neue Gestalt, seine Krallen, Federn, Klauen – alles sieht anders aus – fühlt sich anders an. Sein Gefieder reflektiert nun das Licht der Sonne und seine Klauen fühlen sich kräftiger an.

Seine Flügel haben nun die Form eines Jägers, der den schnellen Sturzflug liebt, sind aber nicht mehr zum Segeln geeignet. Es gibt vieles, an dass er sich erst gewöhnen muss, vieles ist anders zu lernen. So beschließt er sich mit einem Freudenschrei abzustoßen seinen ersten Sturzflug zu beginnen.

6. Integration: Der neue Phönix in der Welt

Metapher: Auch einem Jäger wird schnell klar, dass mit Hindernissen nicht zu Spaßen ist und auch ein kleiner Ast hinterlässt mit entsprechender Geschwindigkeit eine ordentliche Beule. Der König der Segler zu sein, bringt eben unter schnellen, gewandten Jägern wenig Vorteile.

Ein guter Tipp ist sicherlich, als junger Jägerphönix nicht vor den alten Haudegen zu prahlen. Es gibt wohl keinen schnelleren Weg einen Jäger anzuspornen, zu zeigen, was man alles nicht kann, das unterm Strich ne Menge Beulen und Schrammen zur Folge hat.

So wird man zwar einerseits wieder zum Schüler, kann die alten Recken aber durch allerlei dumme Fragen völlig aus dem Konzept bringen. Die alte Form mag verloren sein, aber der Charakter und die Erfahrungen sind von keiner Flamme zu erreichen.

7. Gewohnheit: Erfahrungen werden zu Routinen

Methapher: Je erfahrener man auf einem Gebiet wird, desto mehr Perspektiven nimmt man wahr – erkennt die Vor- und Nachteile der neuen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Während die Integration als Bild noch die „Ausbildung“ oder „Lehrzeit“ darstellt, ist man auf der Stufe der „Gewohnheit“ bereits ein Fortgeschrittener – ähnlich eines Gesellen- oder Meisters. Die erworbenen Fähigkeiten werden erst hier zu einem praktischen Werkzeug, dass ein Mensch wirklich beherrscht und selbständig einsetzen kann. Damit stehen ihm so neue Möglichkeiten zur Verfügung, wie er sein Leben gestalten kann.

Er entwickelt neue Routinen und Gewohnheiten, die als Gesamtheit wiederum neue Stärken und Schwächen ausbilden. Im „worst case“ schläft der Phönix im Menschen wieder ein und erschafft einen „Alltag“ indem alles Erworbene sich in einer „Wiederkehr des Gleichen“ im Kreis dreht. Im „best case“ reflektiert ein Mensch weiter über sich und die Welt und sucht sich neue Herausforderungen, wie er sein Leben gestalten und verbessern kann. Im letzten Fall wird er weiter lernen wollen, d. h. einen neuen Transformations-Zyklus starten.